Kann künstliche Intelligenz ein Erfinder sein?

BGH, Beschluss vom 11. Juni 2024 - X ZB 5/22 - Um die Nutzung künstlicher Intelligenz ranken sich zahlreiche Rechtsfragen: Hat künstliche Intelligenz eine Rechtspersönlichkeit? Gibt es neben der natürlichen und der juristischen Person auch eine künstliche Person? Haftet Künstliche Intelligenz bzw. wer haftet für den Einsatz künstlicher Intelligenz?

Kann künstliche Intelligenz Verträge schließen? Haftet Künstliche Intelligenz bzw. wer haftet für den Einsatz künstlicher Intelligenz? Wer ist Urheber von künstlicher Intelligenz erzeugter Texte und Grafiken? Verletzt künstliche Intelligenz Urheberrechte? Darf künstliche Intelligenz automatisierte Entscheidungen treffen? Ist künstliche Intelligenz im medizinischen Bereich ein Medizinprodukt?

Bei näherer Betrachtung der technischen Realität und mit sauberer Subsumtion lassen sich die zugehörigen rechtlichen Fragestellungen meist einfach beantworten. Dennoch bedarf es offensichtlich auch gerichtlicher Entscheidungen. So hatte der Bundesgerichtshof die Frage zu entscheiden, ob künstliche Intelligenz ein Erfinder sein kann (BGH, Beschluss vom 11. Juni 2024 – X ZB 5/22). Überraschend sind die Antworten indes nicht:
 
  1. Erfinder im Sinne von § 37 Abs. 1 PatG kann nur eine natürliche Person sein. Ein maschinelles, aus Hard- oder Software bestehendes System kann auch dann nicht als Erfinder benannt werden, wenn es über Funktionen künstlicher Intelligenz verfügt.
  2. Die Benennung einer natürlichen Person als Erfinder ist auch dann möglich und erforderlich, wenn zum Auffinden der beanspruchten technischen Lehre ein System mit künstlicher Intelligenz eingesetzt worden ist.
  3. Die Benennung einer natürlichen Person als Erfinder im dafür vorgesehenen amtlichen Formular genügt nicht den Anforderungen aus § 37 Abs. 1 PatG, wenn zugleich beantragt wird, die Beschreibung um den Hinweis zu ergänzen, die Erfindung sei durch eine künstliche Intelligenz generiert oder geschaffen worden.
  4. Die Ergänzung einer hinreichend deutlichen Erfinderbenennung um die Angabe, der Erfinder habe eine näher bezeichnete künstliche Intelligenz zur Generierung der Erfindung veranlasst, ist rechtlich unerheblich und rechtfertigt nicht die Zurückweisung der Anmeldung nach § 42 Abs. 3 PatG.

Ebenso entschieden hatte zuvor auch das Bundespatentgericht (BPatG) mit Beschluss vom 11.11.2021 – 11 W (pat) 5/21 Food Container. Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsauffassung lediglich bestätigt. Künstliche Intelligenz kann nicht Erfinder im Sinne von § 37 Abs. 1 PatG sein. Nur einer natürlichen Person und nicht einer KI kann „Erfinderehre“ zuteilwerden, so der Leitsatz:

  • Erfinder im Sinne von § 37 Abs. 1 PatG kann nur eine natürliche Person sein. Für eine richterliche Rechtsfortbildung mit dem Ziel, auch eine künstliche Intelligenz (KI) als Erfinder benennen zu können, besteht mangels Gesetzeslücke kein Raum. Die Regelung des § 37 Abs. 1 PatG hat die Anerkennung der „Erfinderehre“ im Blick, die einer KI gerade nicht zukommt.

Auch wenn KI derzeit einen Hype erfährt, so jung sind Ideen und Forschung nicht. Selbst unsere ersten Ansätze mit künstlichem Leben und künstlicher Intelligenz stammen spätestens aus dem Jahr 1996. 

Sie beschäftigen sich mit KI oder interessieren sich für Rechtsfragen der KI und KI-Recht? Wir stehen sowohl rechtsberatend als auch für Vorträge als Referenten zur Verfügung.

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